meine morgendliche Routine

In schweren depressiven Phasen habe ich oft Schwierigkeiten morgens aufzustehen. Tja, wer hätte das gedacht bei Antriebslosigkeit…

Falls ich aufstehe, dann weil ich dringend pinkeln muss. Irgendwann droht die Blase zu platzen und ich bin gezwungen mich aus dem Bett zu quälen. Also gehe ich zum Klo. Danach kommt mir der Gedanke an Kaffee und das treibt mich in die Küche. Ich hab meinen Schreibtisch samt PC in der Küche und wenn ich nichts zu tun habe dann zocke ich eine Runde und falls ich so überhaupt nichts am Tag zu tun habe, dann spiele ich auch mal den ganzen Tag am PC. Geduscht hab ich dann meist erst mittags oder am Nachmittag und manchmal auch überhaupt nicht.

Das Fatale daran ist, dass ich das Gefühl habe, ich könne nichts tun, weil ich ja noch nicht geduscht bin. Ich kann doch nicht ungeduscht vor die Tür gehen! Ich muss mich also nicht nur dazu motivieren hinauszugehen, sondern ich muss sogar noch vorher duschen. Diese beiden Schritte Duschen und Hinausgehen sind manchmal einer zuviel für meinen Motivationslevel. Duschen allein würde gehen. Hinausgehen allein würde gehen. Beides zusammen stellt für mich an manchen Tagen eine schier unüberwindbare Hürde auf.

Seit ein paar Wochen versuche ich mich mehr um meinen Körper zu kümmern. Ich habe zugelegt in den letzten Jahren und zwar massiv. Ich fühle mich fett, körperlich wie ein Wrack, ich schwitze viel, mein Blutdruck ist zu hoch, ich schlafe schlecht und schnarche und viele Klamotten passen mir nicht mehr und natürlich fühle ich mich so unattraktiv und das schlägt massiv auf mein Selbstvertrauen. Das haut zusätzlich in die Kerbe Depression und verstärkt sie.

Ab auf die Waage!

Also habe ich vor ein paar Wochen meinen Status ermittelt und bin auf die Waage gestiegen. Das Ergebnis war nicht so schlecht, wie ich vermutet habe. Anlass zum Jubel gab es jedenfalls auch nicht.

Warum erzähle ich den Kram? Es geht doch um Routine und nicht um Diättipps. Nun, ich dachte, ich könnte doch meine bisherige Morgenroutine erweitern. Zwischen Pinkel und Kaffee kommt nun zusätzlich das Wiegen. Es kostet nicht viel Zeit und hilft, um einen Überblick über eine einfach zu ermittelnde Messgröße meines Körpers zu gewinnen. Die Waage ermittelt eine einfache Zahl und die sagt mir etwas. Das ist so entspannend gegenüber der Quantifizierung der eigenen Gefühle.

Jedenfalls stehe ich immer nackt auf der Waage und wo ich doch schon einmal nackt bin, kann ich nur einen Schritt weiter in die Dusche springen. So habe ich meine Morgenroutine um gleich zwei Dinge erweitert.

Und das hat auch noch weitere Effekte. Wenn ich unter der Dusche war, dann ziehe ich mir gleich noch saubere Klamotten an. Und das bedeutet, ich kann jederzeit vor die Tür gehen! Ich spare mir den einen Schritt, den ich oben schon erwähnt habe.

Mittlerweile ist noch eine Sache zu meine morgendlichen Verrichtungen gekommen. Ich messe meinen Blutdruck während der Kaffee kocht. Die Werte geben auch keinen Anlass zur Freude.

Allerdings scheine ich doch einige Dinge im Haushalt mehr zu machen als vorher. Beispielsweise die Spülmaschine ausräumen und mit dem eingesammelten dreckigem Geschirr befüllen. Ich bin so zwar bislang kein Putzfanatiker geworden, aber ich halte mehr Ordnung als vorher.

Der positive Effekt, ausgelöst von einer einfachen Erweiterung meiner Routine, hat mich echt überrascht. Übrigens habe ich schon ein paar Kilo abgenommen. So kann es weitergehen.