Bei meiner Depression erlebe ich Situationen und Aufgaben, die mir Angst machen. Ich könnte etwas falsch machen, andere Menschen könnten sauer auf mich werden.
Ich versuche dann möglichst „gefällig“ in den Augen anderer Menschen diese Situationen zu überstehen. Wenn alles gut geht, dann werde ich weiter geliebt und wenn etwas schief geht, dann darf ich froh sein, das mich andere doch noch dulden.
abhängig, unterwürfig, minderwertig
So mache ich mich allerdings abhängig vom Urteil anderer. Es passiert auch meist, dass ich mir das Urteil nur selbst ausmale. Ich habe mir nur vorgestellt, was andere über mich denken, ohne sie wirklich zu fragen.
Das führt auch zum Gefühl der Minderwertigkeit. Ich stehe so nicht mehr auf der selben Ebene wie die Leute, denen ich gefallen möchte. Meine Gefühle sind von deren Urteil ja abhängig. Ich mache mich klein.
Ich kann bei dieser Denkweise bestenfalls nur das Niveau halten, wenn es gut läuft. Es rutscht ab, wenn es schief läuft. Es gibt nicht die Möglichkeit, dass ich mich verbessere. Es kann nur schlimmer werden.
Die Angst etwas falsch zu machen lähmt das Handeln. Beim Handeln schaue ich immer wieder auf und um, ob ich nicht in irgendeiner Form bestraft werde. Oder ich versuche so schnell es geht mit einem Tunnelblick durch die Situation zu kommen und hoffe, dass ich nicht negativ auffalle.
Wut ohne Angst?
Manchmal rege ich mich aber auch mal auf. Interessanterweise fürchte ich mich in solchen Situationen gar nicht und das Urteil anderer spielt keine große Rolle mehr für mich. Wut kann für mich das Gegenteil der Angst sein. Ich bin aggressiv und nicht unterwürfig. Ich bin aktiv und nicht passiv. Ich kämpfe für mich und erwarte nicht das Urteil und die Bestrafung anderer.
Diese Situationen in denen mir die Wut auch Mut verleiht sind relativ selten bei mir. Ich riskiere dabei andere vor den Kopf zu stoßen. Manchmal passiert das auch und dann kann die Angst, wegen meines Handelns nicht geliebt zu werden, zurückkommen. Aber mit einem Blick zurück in meine Vergangenheit: Es sind aber auch Situationen gewesen, auf die heute stolz bin, weil ich für mich und meine Bedürfnisse einstand.
Wut = explodierte Angst?
Es ist wohl nicht immer richtig wütend oder sauer zu sein, aber Wut ist meiner Meinung nach ein sicheres Indiz für Selbstwert. Wut entsteht meiner Meinung nach, wenn die Angst entfesselt wird. Oder vielleicht so: Angst ist die passive Wut, sie ist der unterdrückte Selbstwert, das Gefühl den Situationen und Aufgaben nicht gewachsen zu sein. Wenn die Angst explodiert, dann entsteht Wut. Vielleicht lässt sich Wut etwas zähmen und besser dosieren?